Wer genug hat von der sauertöpfisch-verbissenen Integrationsdiskussion des letzten Jahres, dem sei dringend ein Lektürewechsel empfohlen. Diese beiden Erfahrungsberichte schildern mit scharfer Beobachtungsgabe und viel Humor den Schritt in ein anderes Land. Auf der einen Seite wählt Rose-Anne Clermont, Tochter haitianischer Eltern, geboren in New York, den Weg nach Deutschland. Und Wolfram Eilenberger zieht es von hier nach Finnland. Beide folgen der Liebe, entdecken so eine andere Gesellschaft und sich selbst neu.
“Buschgirl” Rose-Anne kontert die penentrante “German Besserwisserei” mit Witz und Schlagfertigkeit. Wobei ihre Hautfarbe meistens der Auslöser für die absonderlichsten Assoziationen ist. Etwa, wenn der mondäne Zahnarzt aus der Kudammpraxis in Berlin sie fragt, ob sie bei Hitze auch schwitze. Oder im ICE beim Lernen von Vokabeln: “Aus irgendeinem Grunde hatte eine Fahrt erster Klasse genausoviel gekostet wie eine zweiter, und ich saß in der ersten Klasse schräg gegenüber von zwei Männern in schicken Geschäftsanzügen. (…) ‘Das arme Ding’, sagte der erste zu seinem Freund. ‘Kannst Du Dir vorstellen, wie schwer es sein muss, Deutsch zu lernen, besonders, wenn man ihre Dialekte bedenkt? Für uns klingt es ja, als schnalzten sie immer nur mit der Zunge.’ ‘Ach Gott’, sagte der zweite Mann nur mitleidig. ‘Vermutlich muss sie erst einmal das lateinische Alphabet lernen.’
Redeten sie wirklich über mich? Hier in Deutschland mit Hochgeschwindigkeitsinternet und Hochgeschwindigkeitszügen? Oder fuhr ich in einer klapprigen Eisenbahn durch Tiflis?”
Rose-Anne Clermonts Erfahrung sind nicht immer amüsant, aber gerade die Mischung aus bizarren und erheiternden Episoden macht das Buch so interessant.
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Bei aller Liebe zu einer Finnin, was spricht eigentlich dafür, ausgerechnet in Finnland zu leben, Wolfram Eilenberger? “Ich meine, wir reden hier von hundertneunzigtausend Waldseen – alle immer kalt! ,- von acht Monaten unter null, von einer Landesfläche, die zu 25 % nördlich des Polarkreises liegt, von einem Meerbusen, der Eisbrecher benötigt, um befahrbar zu bleiben, und von sommerlichen Fluginsekten, deren Biomasse das Gesamtgewicht von fünf Millionen mehrheitlich übergewichtigen Finnen um ein Vielfaches übersteigt.” Kälte und Mücken halten den Verliebten nicht davon ab, der Geliebten in den hohen Norden zu folgen. Und was folgt ist ein höchst vergnüglicher Blick auf eine “fundamentale Fremderfahrung”, die ebenso exotisch erscheint wie die finnische Sprache und ihre Tücken. Mit der Hochzeit kommt die integrative Erkenntnis: “Ich muss das Land mitheiraten, sonst geht es nicht.”
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gp