Wiedersehen auf DVD: „Im Jahr der Schildkröte“

Im Jahr der Schildkröte

Zugegeben, hätte dieser Film von 1988 nicht Szenen, die in unserer Stadtteilbibliothek Kalk spielen, würde er kaum an dieser Stelle Erwähnung finden. Aber eben weil „Im Jahr der SchildkröteEinblicke in die Bibliotheksvergangenheit gewährt und weil die Bibliotheksleiterin Doris Köpping damals dabei war, ist es für uns interessant, ihn jetzt auf DVD im Bestand zu haben. Andere wiederum freuen sich über zusätzliches Kölner Lokalkolorit der achtziger Jahre, etwa das Krankenhaus Holweide, den Kölner Zoo oder das Lokal „Blue Shell” an der Luxemburger Straße.

In gewisser Weise bildeten die „Stadtbücherei Kalk” und das „Blue Shell” die passenden Gegensätze zur Story des Streifens: der unmöglichen Liebe zwischen dem 60jährigen arbeitslosen Buchhalter Heinz August Kamp (gespielt Heinz Bennent) und der 21jährigen vermeintlichen „Studentin” Claudia (Karina Fallenstein). Als Vorlage diente der Roman von Hans Werner Kettenbach „Sterbetage” (ebenfalls bei uns im Bestand).  „Oldie und Girlie”, schrieb damals die Kritik oder „Opa und Twen” und „bitter-süß”. So richtig konnte man sich nicht entscheiden zwischen Veriss und gelungenem Regiedebüt. Regisseurin Ute Wieland wurde für den Bundesfilmpreis nominiert, aber letztlich ging er an Heinz Bennent, der den drögen kaufmännischen Angestellten überzeugend ins Bild rückte.

ImJahrDerSchildkroete_DVD

„Vermutlich wurde die 1957 gebaute Kalker Bibliothek an der Hollwegstraße als Drehort ausgewählt, weil sie auch noch in der Einrichtung an die 50ziger Jahre erinnerte”, meint Doris Köpping im Rückblick. „Aber schon 1987 war klar, dass die Tage dieses Hauses gezählt waren und der Umzug ins Bezirksrathaus anstand.”

Kalk

Das Flachdachgebäude verfügte im öffentlichen Bereich über zwei Stockwerke, in denen die rund 30.000 Bände der Erwachsenen- und Kinderbibliothek untergebracht waren. Im lichtdurchfluteten Raum befand sich eine Galerie, zu der eine Treppe hinauf führte. Vor dieser Treppe wurden die Bibliotheksszenen gedreht. U.a. gibt es ein Wiedersehen mit dem Mikrofiche-Gerät und auf der Auskunftstheke steht bereits der erste Computer. Und das Schöne an einer DVD ist ja die Stop-Taste, die ein ausgiebiges Beschäftigen mit den Details ermöglicht. Als diensttuende Bibliothekarinnen bewährten sich die Schauspielerinnen Anke Tegtmeyer („Herta Klose”) und Claudia Burkhardt („Frau Hohlsaum”), s. Bild oben.

Alles in allem das passende Ambiente für die Recherchen des Heinz August Kamp, der sich (in seinem Bemühen, für die flippige „Studentin” Bafög-Tips zu finden) zum August macht. „Freundin” Claudia wiederum ist freizeit-technisch eher im „Blue Shell” angesiedelt und für alle, die den Laden aus den 80ziger Jahren kennen, gibt es einen flashback in die gruftig-punkige Kneipen-Atmosphäre jener Jahre.

Aber ganz so holzschnittartig überlässt uns Ute Wieland nicht dem Geschehen. Bibliothekarin Herta und Buchhalter Heinz haben Sex und die Bedienung der Männerphantasie von der wesentlich jüngeren Geliebten entpuppt sich als komisch-tragischer Versuch, dem Lebensrest noch etwas Liebenswertes abzugewinnen. Heinz August: „Ich geh’ kaputt daran!” Claudia: „Riskier doch mal was, dann hast Du wenigstens geliebt.”

„Irre Tage waren das”, erinnert sich Doris Köpping an die Dreharbeiten. „Das ganze fand bei laufendem Betrieb statt, und manchmal schrillte mittendrin das Telefon und die Szene musste wiederholt werden.”

gp

P.S.: Für den Film wurde am Bibliothekseingang das Plakat von Klaus Staek aufgehängt, auf dem er den Zensor-Spruch: „Bibliotheken sind gefährliche Brutstätten des Geistes” mit dem Spitzwegschen „Bücherwurm” kombinierte. Dieses Plakat hing damals tatsächlich in der Kalker Stadtbücherei.

Bild oben: Heinz Bennent, Anke Tegtmeier und Claudia Burkhardt.

Bild Mitte: DVD Cover

Diese beiden Bilder oben wurden uns freundlicherweise von der STUDIOCANAL GmbH zur Verfügung gestellt.

Bild unten: Die ehemalige Kalker Stadtbücherei an der Hollweghstr. 21

2 Antworten auf „Wiedersehen auf DVD: „Im Jahr der Schildkröte““

    1. So, Vormerkung ist gesetzt! Bis ich die DVD in Händen halte, hoffe ich auf Deine Nacherzählung, Anne, wenn wir uns nächste Woche sehen. 🙂

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