Mini Maker Faire 2016: So war’s

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Entschuldigen Sie, wo geht’s denn hier zur Laserharfe? Dritter Stock, hinter den Lektürehilfen, gleich neben den Amateurfunkern? Und die tanzenden Pflanzen? Erdgeschoss? Danke.

Im Jahr 2016 können diese und ähnliche Sätze in einer Bibliothek fallen, ohne dass man sich in ein Paralleluniversum begeben muss. Hintergrund: Die erste Mini Maker Faire in Köln, die wir in Kooperation mit Heise/Maker Media GmbH ausgerichtet haben.
Die Faire ging am vergangenen Samstag über die Bühne und könnte kaum angenehmer gewesen sein. Nach mehr als einem halben Jahr intensiver Planung waren wir entsprechend aufgeregt – um dann im Laufe des Tages festzustellen, dass es sich gelohnt hat. Yes! Ein schlaglichtartiger Rückblick. (Wem das zu viel Text ist: siehe Video und Bildergalerie!)

Ein Samstag wie kein anderer

Rund 3.600 Besucher haben wir gezählt – das ist fast doppelt so viel wie an einem regulären Samstag. Hammer! Das gut gelaunte Gewusel startete ab 10 Uhr und ließ erst am späten Nachmittag nach. Familien, Techniker, Alte, Nerds, Junge, Dickdünngroßkleine spiegelten horizontal wie vertikal ein Abbild der Gesellschaft wieder, wie wir es ohnehin jeden Tag in der Bibliothek erleben. Gekommen waren sie, um sich die Maker-Projekte einzuverleiben, die unsere Bibliothek an diesem Tag grundlegend verwandelten.
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Tanzende Pflanzen mit Pflegeroboter treffen auf kaputte Kaffeemühlen

Im Erdgeschoss ging es sehr technisch-mechanisch zu. So waren 3D-Drucker, CNC-Maschinen und Steuerungstechnik zu sehen, während Frank Mengel an seinem stets vollen Stand seine selbst entworfenen und 3D-gedruckten Roboter präsentierte – ungefähr acht Stunden am Stück, ohne Pause. Der Mann ist selbst ein Roboter! Er hätte sich also beim Repair Café generalüberholen lassen können, aber die Kollegen aus Porz waren schon beschäftigt mit defekten Radios, Kaffeemühlen, Tintenstrahldruckern und dem Messer aus unserem eigenen Schneideplotter – und vielem mehr.
Eines der Highlights war sicherlich das Projekt TAMULIMOBA – das steht für Tanz, Musik, Licht & Modellbau und ist eine crazy machine von Ralf, der Steuerungstechnik und Modellbau fusionieren wollte. Heraus kam eine Garde aus animatronisch anmutenden Gewächsen, die sich zu unterschiedlicher Musik bewegen können (hier im Video). Als Ralf sich um den Servomotor einer Pflanze sorgte – denn auch Maschinen bekommen manchmal steife Gelenke -, wussten die Freunde von der DingFabrik Abhilfe qua Ersatzmotor. Letztere präsentierten das gesamte Spektrum ihres sympathischen FabLabs, vom Origami über das internet of things bis zum CNC-motorisierten Filzstift. Plus Nähmaschine.
Das Jungvolk interessierte sich sehr für die World Robot Olympiad – das sind Mindstorms-Bots von Lego, die zusammen mit ihren menschlichen Kolleginnen und Kollegen an einer Weltmeisterschaft der Roboterprogrammierung teilnehmen. Noch in diesem Monat steigt das Finale in Indien – und das Team der Mini Maker Faire ist dort am Start! Besonders freuten wir uns auch über Vladimir aus Sankt Petersburg, der gleich neben TAMULIMOBA seinen Roboter zur Pflanzenpflege präsentierte – ein einfallsreiches Projekt aus Lego Mindstorms, das eine Pflanze vollautomatisch bewässert und beleuchtet.
An dieser Stelle sei auch herzlich unseren drei Food Trucks gedankt: mit Crêpes aus der Bretagne, Premium-Hotdogs und taiwanesischen Burgern konnte man sich multikulturell für’s Maker-Gewusel stärken.

Musikprojektion, Laserharfen und viel, viel Lötzinn

Auf der dritten Etage liefen dagegen die Lötkolben heiß. An drei Stationen kamen vor allen Dingen jüngere Menschen mit Kolben und Lötzinn in Kontakt, wenn sie sich ein wearable Display oder einen Tannenbaum bauen wollten. So hatte der Stand des DARC e.V. bis zum Abend sein komplettes Material von Kinderhand weglöten lassen – schön!
Aber nicht nur das: Musikalisch interessierte Feingeister konnten entweder airman mit seiner selbstgebauten Laserharfe lauschen, oder beim Projekt Musik für alle mit der Musik zu einer Klanginstallation verschmelzen. Der abgedunkelte, gedämpfte Raum transportierte eine sehr kontrastive Stimmung zur quirligen Lebendigkeit im Haus. Wir beobachteten eine Familie dabei, wie sie zwanzig Minuten ganz bei sich war, mit der Musik, der Projektion und dem Raum verschmolz.
Weitere tolle Projekte aus Aachen (FabLab, Informatik-Schülerlabor und 3D-Scanner) und zwei Klimastationen-Bausätze (OpenAir Cologne & senseBox) sorgten für einen echten hot spot auf der dritten Etage. Wie sagte ein Mitarbeiter der RWTH Aachen so schön? “Die Kinder sind toll, die stürzen sich direkt auf die ausgestellten Sachen und probieren einfach drauf los, was bei den simplen Coding-Spielzeugen am allerbesten funktioniert, und währenddessen können wir die Eltern zutexten!” Der Stand von InfoSphere illustrierte das, weil dort Kinder auf dem Boden mit Codierblöcken und Steuerungsbrettern (Cubetto) spielten, während sich die Eltern vom Coding-Potenzial des Schülerlabors überzeugten.

 

Fotografie, Bücherkunst und viel Nähzeug

Eher handwerklich ging es auf der vierten Etage zu. Am Stand von Parlapier bestaunte man, wie aus altgedienten Büchern kleine Kunstwerke entstanden. Das Papercrafting war so beliebt, dass auch hier das Basismaterial – die alten Bücher – letztlich ausging. Gleich daneben stellte Herr Filmkorn Kameras aus den letzten 100 Jahren aus: ein verschwindendes Handwerk! Am Abend erzählte er uns wie begeistert er davon war, Kindern die aussterbende analoge Fotografie am Beispiel von alten Kameras zu erklären.
Auf der anderen Seite der Etage konnte man dabei zusehen, wie ein Bestellknopf Waren aller Art über den Äther in eine Einkaufslisten-App packt. Ein paar Meter weiter drängten sich Jung und Alt um die Upcycling-Station: Elke und Antje ließen zusammen mit euch die Nähmaschinen heiß laufen. Alabama Chanin heisst die Technik, bei der ein altes Kleidungsstück für die Verzierung eines anderen benutzt wird. Gleich daneben, sehr beliebt, konnte man sich aus alten Shirts – z.B. solche mit coolem Logo – praktische Einkaufsbeutel fertigen. Später glichen die Nähtische einem Schlachtfeld… und genau so soll es sein! Kollegin Babett kann jetzt z.B. ihr geliebtes (aber zu kleines) Heisenberg-Shirt als Heisenbag mit zum Einkaufen nehmen. Say my name!
Dahinter, in unserem gemütlichen Makerspace, zuguterletzt: Die Stadtbibliothek Köln. Unsere Auszubildenden haben sich voll ins Zeug gelegt und gezeigt, welche Making-Tools wir für euch haben: Alle meine Entchen auf dem Bananen-MaKey MaKey ging gut ab (für Frère Jacques fehlte eine Banane), genauso der 3D-Stift 3Doodler und der Schneideplotter. Besonderen Spaß hatten Kinder mit den littleBits – das sind kleine Technik-Gadgets, die sich einfach zusammenstecken und in Reihe schalten lassen. Sagt also ein Bruder zu seiner Schwester: “Guck mal, das Ding macht Furzgeräusche!”
Und genau so sieht der Erwerb digitaler Medienkompetenz aus.

Und wozu das alles?

Die Frage, warum sich eine Bibliothek mit diesem Maker-Thema beschäftigt, taucht immer wieder auf. Zum einen profitieren wir von Quersynergien: Einerseits waren am Samstag Leute im Haus, die unser alltägliches Medienangebot nutzen wollten – und dann letztlich zwei Stunden mit einer Nähmaschine verbrachten. Andererseits kamen viele Leute extra für die Mini Maker Faire zum ersten Mal in die Bibliothek und erkannten, dass wir ja auch sonst ganz nette Dinge anbieten. Beide Gruppen zeigten sich begeistert von diesem Event, das haben wir aus erster Hand erfahren.
Viel wichtiger ist aber noch etwas anderes: Die Maker-Kultur hat ihre Ursprünge in der Hackerbewegung. Also Leute, die Technologien durchdringen und verstehen wollen. Darum geht es bei Making-Themen so oft (aber eben nicht nur!) um Technologie und wie man ihre Grenzen auslotet – also auch um Coding! Und hier schließt sich der Kreis zum Auftrag von Bibliotheken, im Rahmen nonformaler Bildung zur Entwicklung von digitalen Medienkompetenzen beizutragen. Quod erad demonstrandum.
Wir danken unseren Kooperationspartnern von Heise/Maker Media, unseren Helferinnen und Helfern von der TH Köln, unseren Azubis, den Foodtrucks, unseren großartigen Hausmeistern (!) und vor allem allen Makerinnen und Makern – den Heldinnen und Helden des Gecrafteten und Gecodeten – für diesen unvergesslichen Tag.
Weitere Artikel über die Mini Maker Faire:
https://www.buchreport.de/2016/11/07/maker-mekka-in-der-domstadt/
http://machenstattkaufen.blogspot.de/2016/11/ruckblick-mini-maker-faire.html

sa

7 Antworten auf „Mini Maker Faire 2016: So war’s“

  1. Das war wirklich ein perfektes Event. Vielen dank liebe Stadtbücherei! Ich wünschte unsere Bücherei in Düsseldorf währe nur halb so innobativ wie ihr.

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