Bibliotheken sind Paradiese für die Fantasie! Und wenn sie geschlossen werden, stirbt weit mehr als eine Dienstleistungseinrichtung, die Medien zur Verfügung stellt. Vor dem Hintergrund des Kahlschlags öffentlicher Bibliotheken in Großbritannien liest sich dieses Buch mit anderen Augen. Denn prekär ist hier nicht nur die Situation der Bibliothekslandschaft, sondern auch die der Protagonisten. Als da wären: die alleinerziehende Putzfrau Val und ihre 13jährige behinderte Tochter Rosa. Der 12jährige Bobby aus desaströsen Familienverhältnissen sowie der später dazu stoßende geheimnisvolle Outlaw und Ex-Soldat Joe.
Ins Rollen kommt die Geschichte, als Val erfährt, dass der Bücherbus, den sie putzt, geschlossen werden soll. „Die Fördermittel waren ausgegangen.” Val trauert weniger um ihrem Job als um den Lesestoff: „Die Entdeckungen, die sie darin gemacht hatte… als seien dies alles Geschichten aus ihrem eigenen Leben. Teile ihrer selbst, versteckte in der Druckerschwärze der Bücher.”
Bobby erlebt die Welt der Bücher zu diesem Zeitpunkt gerade erst sechs Wochen und leidet noch mehr. Hatten sich doch „…seiner Fantasie durch den Bücherbus unzählige neue Welten erschlossen.” Einschließlich seinem Gespür, mit Rosa, Val und ihrem Hund Bert eine neue Familie gefunden zu haben.
Aus dem Gefühl größter Aussichtslosigkeit entführt das Gespann den Bus. „Und dann waren sie fort, in ihrer riesigen, rasenden Bibliothek… Es fühlte sich an, als würde man ein Buch aufschlagen, von dem man nicht das Geringste wusste.” Da sind wir auf Seite 130 und 192 Seiten später endet das tragikomische Abenteuer dieser Flucht.
Unbeirrt wird dabei nach dem Glück gesucht und die Magie der Literatur gefunden. Ob „Moby Dick”, „Der kleine Prinz”, „Alice im Wunderland” oder „Gullivers Reisen”… Sobald der Bus hält und „…sie die Tür geschlossen hatten, kam es ihnen so vor, als könnten sie überall sein… Die Wände waren mit Fluchtwegen und Ausgängen bestückt, die direkt in die Wüste führten, in den Weltraum, mitten in den Ozean hinein und zu noch viel seltsameren Orten.”
Doch ihre Oase auf Rädern wird erbarmungslos gejagt. Von der Polizei, den Medien und selbsternannten Ordnungshütern. Ganz nebenbei brennt Autor David Whitehouse bisweilen die Fantasie durch. Aber er schafft am Ende genau die Punktlandung, die das Buch nach etwas rumpelndem Start (dafür über weite Strecken rasend schnell) in der Wirklichkeit aufschlagen lässt.
„Wir haben ein ziemlich tolles Abenteuer erlebt, nicht wahr?” meint Bobby am Ende. Und Leser, die der Story bis dahin treu geblieben sind, vermutlich auch.
gp
P.S.: Im Original heißt der Roman „Mobile Library”, was immer noch besser ist als der deutsche Titel „Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek”.
David Whitehouse: “Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek”, J.G. Cotta’sche Buchhandlung 2015. Signatur: UJ Whitehouse.
Man benötigt keine Fantasie, auch keine Anregung durch Literatur. In Köln ist der Bücherbus seit Monaten gestohlen. Informationen: An den Haltestellen Fehlanzeige, auf der Seite des Bücherbusses ebenfalls. Man kann sich mal eine Viertelstunde Zeit nehmen, auf stadt-koeln.de die richtige Seite zu finden.
Der Grund für die Kölner Misere mag verständlich sein. Das wöchentliche Bangen mit den Kindern an der Haltestelle ist es nicht.
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